Neuseeland

Nordinsel #23: Cape Reinga, Te Paka Sand Dünen & ein Flugzeugmalheur

Jetzt waren wir schon so weit im Norden Neuseelands angekommen – und hatten keine Lust auf weitere 2,5 Stunden Autofahrt bis an den nördlichsten Zipfel zu Cape Reinga und dem Leuchtturm, an dem sich Pazifik und Tasmanische See treffen.

Ein Plakat pries eine kombinierte Flug/Bus Tour an mit Salt Air, einem Unternehmen ähnlich wie Air Safaris an Lake Tekapo, die mit Hubschraubern und Mini-Propeller-Fliegern Touristen zu den Hot Spots fliegen.

Eine reine Bustour würde 11 Stunden dauern und Dirk und ich sahen uns an und hatten darauf so gar keine Lust auf diese Mammuttour.

Also überredete ich – die mit der Flugangst vor allem in kleinen Fliegern 😀 – meinen Mann, dass wir uns halt nach Cape Reinga fliegen lassen. Wir haben also Wettervorhersage und Platzangebot online gecheckt und dann waren noch 2 Plätze an einem Nachmittag für uns frei.

Der Ausflug fand dann zu Lande, zu Wasser und in der Luft statt: wir starteten in Russell mit der Personenfähre nach Paihia, dort wurden wir von einem kleinen Bus abgeholt und zum Flughafen nach Kerikeri gebracht. Ein 5-köpfige Familie (Großeltern, Eltern und kleiner Enkel) waren an diesem Tag unsere Reisekompagnons und wir haben uns von Anfang an hervorragend verstanden und immer wieder Schwätzchen gehalten. Die Eltern von dem kleinen 4-jährigen Feger waren offensichtlich Rollenspieler und bereits mehrfach auf der weltgrößten Spielemesse in Essen in Deutschland gewesen.

Kerikeri Airport & Hinflug

Kerikeri war dann ein größerer Mini-Flughafen als gedacht und hatte tatsächlich einen echten Check-In mit 3 Schaltern von Air New Zealand, eine Gepäckabholung und sogar reguläre Flüge von und nach Auckland.

Einen Teil vom Flughafen nutzen diverse Freizeitunternehmen, zum Beispiel zum Sky Diving, für Hubschrauber-Ausflüge oder andere Flugtouren.

Der 7-Sitzer von Salt Air war eben gelandet und wurde für uns neu betankt und gecheckt.

Unser Tourguide Sam kam in Shorts und Boots auf uns zu, stellte sich vor – und war dann gleichzeitig auch unser Pilot und Busfahrer.

Wir kannten nun bereits das Prozedere mit der Sicherheitseinweisung (Anzahl Notausgänge: 1), wir zogen uns mit dem Handgriff über ein Trittchen in die Luke an Bord und krabbelten gebückt zu unserem zugewiesenen Sitz. Diesmal gab es auch Schwimmwesten (wie beim Segeln) und Kopfhörer, um mit dem Piloten zu sprechen.

Der Flug über die Bay of Islands war atemberaubend! So viele Inseln (144 um genau zu sein), wundervolle Strände, türkisfarbenes Meer, Brandung von oben, der Ausblick war grandios. Nach rund einer Stunde Flug und ein paar hoppeligen Luftlöchern über der letzten Bergkette meldete sich dann aber doch mein Magen und mir wurde leicht übel. Es war Zeit für mich zu landen. Der Pilot schien auch schon Ausschau zu halten und dreht ein. Für mich war keine Landebahn in Sicht, nur Hügel und Wiesen. Und eine etwas gestutzte Wiese war dann auch unsere Landebahn und die Landung war erstaunlich sanft. Wir waren alle kurz irritiert, aber Sam brachte routiniert die Maschine über die Wiese auf einem kleinen betonierten Hügel zum Stehen und direkt daneben parkte bereits der kleine Tourbus, der uns zu Cape Reinga, dem Leuchtturm und den berühmten hohen Sanddünen bringen sollte.

Cape Reinga Lighthouse

Nach 20 Minuten Fahrt waren wir an Cape Reinga angekommen: der nördlichste Punkt Neuseelands! Wir spazierten vor zum Leuchtturm und genossen die wundervolle Aussicht. Das Meer war recht ruhig und trotzdem sah man, wie an einer Stelle Wellen von rechts und von links aufeinander-prallten. Das ist genau die Stelle, an der sich zwei Meere treffen: der Pazifik sozusagen von rechts und die Tasmanische See von links. Ein kleines Schauspiel.

Te Paka Sand Dünen

Wir fuhren 10 Minuten weiter zu den riesigen Sanddünen Te Paka, die Sandboards wurden ausgepackt und dann konnten wir einige Sanddünen hinuntergleiten. Wir hatten nur Zeit für die kleinen Sanddünen, konnten aber die Leute beobachten, die sich mit ihren Sandboards auf die größten Dünen nach oben kämpften und von dort nach unten schlitterten. Es war wirklich ein nach oben kämpfen, das ist im fließenden Sand noch viel anstrengender als im Schnee.

Das gesamte Setting war unglaublich und ließ sich kaum auf Fotos bannen. Hier noch Regenwald, Palmen und ein Flüsschen, dort auf einmal riesige feine Sanddünen wie in der Sahara. Ich war sehr beeindruckt.

Nach der obligatorischen britisch-angehauchten Teezeremonie mit Muffins (die Kombi gab es fast auf jeder Tour), stiegen wir wieder in unseren Bus und wurden die 10 Minuten zurück zur Landebahn, äh, Landewiese gebracht.

Rückflug mit Hindernissen

Viehgatter auf und hinter uns wieder zu und wir standen vor unserem Propeller-Maschinchen.

Dirk und ich saßen schon wieder auf unseren Plätzen, die Reihe hinter uns war auch komplett, nur die letzte Reihe, sowie Pilot und Nebenmann fehlten noch.

Plötzlich kam eine Windbö auf und hob den Flieger vorne von unten an, wir kippten zurück, es gab ein paar Schreie von den Mitreisenden – ich war noch viel zu verwundert – und dann rumsten wir hinten mit dem Flieger auf den Beton auf. Dirk und ich lagen fast in unseren Sitzen und konnten nur noch Himmel sehen, keine Wiese mehr. Das hatte sich gar nicht gut angehört!

Der Pilot kam angeschossen und war sichtlich geschockt.

Er packte den Flieger vorne und zog ihn wieder runter, so dass wir wieder regulär zum Stehen kamen. Dann besah er sich das Desaster: die Finne hinten war an zwei Stellen beschädigt und eingedellt. Über das Gesicht des Piloten muss ich wohl nichts schreiben, der war sichtlich angeschlagen und erschrocken. Es war klar, dass ihm so etwas bisher noch nie passiert war in seiner Pilotenlaufbahn. Er besah sich den Schaden sehr genau und ging dann an den Rand der Wiese zum Telefonieren. Mit Hilfe des Handys konnte er anscheinend einem Mechaniker per Video zeigen, was passiert war. Sie diskutierten eine halbe Stunde und dann ging alles sehr schnell: alle anderen sollten auch einsteigen, Sam checkte ein letztes Mal den Rest des Fliegers, Klappe zu und dann sollte es mit dem Flieger zurückgehen.

Wir hatten schon diskutiert, ob wir eventuell mit dem Bus komplett zurückfahren müssten. Und ob wir einem Flug noch vertrauen könnten. Was, wenn jemand in Panik deswegen ausbricht? In so einem kleinen Flieger ist das kaum zu handhaben. Können wir uns weigern mitzufliegen? Welche Funktionalitäten könnten durch den Schaden hinten überhaupt in Mitleidenschaft gezogen sein?

Aber letztlich hatten wir alle, die 5-köpfige Familie und wir zwei, ausreichend Vertrauen in den Piloten und bleiben ruhig sitzen. Dirk und ich versuchten unsere Vorbehalte mit einem Faktencheck wegzudiskutieren: die Sensoren der Maschine müssten eigentlich vorne sitzen, insofern kann hinten nicht viel mehr passiert sein als eine Delle im Blech, eine Propellermaschine kann besser gleiten falls die Motoren ausfallen, der Pilot ist erfahren auf Wiesen zu landen, die 90-Mile-Beach ist ja wie eine Straße, da kann er bestimmt zur Not auch landen, wir hatten alle unsere Schwimmwesten an, also das Risiko ist bestimmt überschaubar. Naja, es sind schon andere abgest…. ich will das Wort gar nicht in den Mund nehmen.

Als der Pilot die Maschine gestartet hatte, seine Routinen aufnahm, die Maschine funktionierte wie erwartet und wir über die grasgrüne Startbahn wieder gut in die Luft kamen, hatten wir den Funken Hoffnung, dass schon alles gut geht.

Als dann der Pilot 10 Minuten später über der 90-Mile Beach selbst wieder entspannt wirkte und seinen Vorträgen als Tourguide nachkam, entspannte sich die Stimmung an Bord sichtlich.

Wir konnten die Aussicht auf die berühmte 90-Mile Beach dann auch wieder genießen und nach 40 Minuten Flug landeten wir sicher auf der Wiese neben der Asphalt-Landebahn in Kerikeri. Wir wunderten uns, dass der Pilot so zielsicher eben nicht die offizielle Landebahn ansteuerte, aber wahrscheinlich war die Landung auf der Wiese für das gebeutelte Flugzeug deutlich sanfter.

Auch Sam schien erleichtert, dass wir so gut zurückgekommen waren und verabschiedete uns herzlich. Nach weiteren 20 Minuten im Bus, setzte uns der Fahrer wieder in Paihia ab.

Wir beschlossen den aufregenden Tag wieder im besagten Steakhouse bei Tacos und einem großen Pale Ale und fuhren danach mit der Fähre wieder zurück nach Russell.

Die nächsten Touren dürfen gerne etwas unspektakulärer verlaufen. 🙂

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