Neuseeland

Südinsel #11: Charleston – Pancake Rocks & Johnny’s Journey

Wir sind morgens sehr früh in Franz Josef aufgebrochen, um auf dem Weg zum neuen Etappenziel Charleston noch bei Europcar in Greymouth an der Westküste das Problem mit unserem Notrad zu lösen. Im besten Falle kämen wir noch vor der Mittagspause an, damit vielleicht noch eine Chance bestünde, an diesem Samstag einen neuen Reifen für Montag zu bestellen.

Wir mussten zwar in Greymouth etwas warten, haben aber dann zum Glück einen anderen Mietwagen erhalten, mit dem wir endlich unsere Reise in Normalgeschwindigkeit fortsetzen konnten und nicht noch auf einen neuen Reifen warten mussten.

Wir waren schon informiert, dass Charleston ein klitzekleines Dorf ist und wir unsere Vorräte besser schon aus Greymouth mitnehmen. Und so gingen wir noch einkaufen und fuhren vollbepackt für die Selbstversorgung zu unserem Ocean View Retreat in Charleston. Wir hatten ein Haus über dem Meer mit einer Wahnsinns-Aussicht auf einen langen, unberührten Strand und bis auf die Sandfliegenangriffe konnten wir den Aufenthalt dort sehr relaxt genießen.

Johnny’s Journey

Am nächsten Tag waren wir eingebucht für einen Halbtagesausflug mit dem lokalen Unternehmen Outwest Tours. Die Tour nannte sich Johnny’s Journey und führte mit unserem Tourguide Mitch und seinem Allradfahrzeug erst über einige Weiden, dann weiter durch dichten Regenwald und durch das ein oder andere Flussbett bis in das Awakari-Tal und die Berge, die John Currie, genannt Johnny gehören, einer lokalen Legende. Wir stoppten oben auf dem Berg kurz an einer kleinen Hütte, um mit Ferngläsern Ausschau nach Johnny’s Rotwild im Tal zu halten. Dabei liefen 3 Rotwildhirsche direkt vor uns auf dem ausgefurchten Weg entlang und stieben davon in den Wald als sie uns sahen. Von oben wirkte das Tal sehr grün, versteckt wie bei den Hobbits, durchzogen von einem Fluss, der mehr weiße Steine und Kiesel zeigte als Wasser.

Wir trafen Johnny an seinem Domizil im Tal und das war ein denkwürdiges Treffen, irgendwie surreal, etwas skurril und sehr unerwartet. Wir hielten vor einer Hütte, die ich für eine chaotische alte Werkstatt aus alten Holzscheiten hielt. Es war Johnnys Wohnhaus! Er rief seinen Hirsch „Guinness“ herbei, der prompt angelaufen kam und wir durften ihn mit Äpfeln füttern: einen riesigen 14-Ender, der aufs Wort hörte, neugierig an uns und den herumstehenden Kochtöpfen schnupperte und die Äpfel von uns aus der Hand fraß.

Johnny lud uns in sein Haus ein und das Haus und dieses Leben hatte ich so nicht erwartet. Mit dem Schritt in sein Haus reisten wir teilweise 100 Jahre zurück: Johnny setze sich in seinen alten Sessel an der Feuerstelle, die ganz offensichtlich selbst gebaut war aus großen Flusssteinen und über der an einer schwarzen Holzstange ein alter schwarzer Teekessel und Pfannen hingen. Der Boden war geplätteter Lehm, teilweise Holz, manchmal mit Flusssteinen ausgelegt und uralten Teppichen darüber.

Wir sollten uns auf die alten Stühle und das alte Sofa mit Überwürfen aus gegerbten Hirschfellen setzen. Wir versanken in dem uralten Sofa und nur die verbauten Holzstreben boten uns noch einigermaßen Halt. Johnny hatte uralte Fotos über dem Kamin hängen, die meisten aus den 50er und 60er Jahren. Er hatte schon viele Berufe, war aber lange Zeit Jäger gewesen. Viele Fotos zeugten von Jagdtrophäen nicht nur in Neuseeland, sondern in verschiedenen Teilen der Erde. Johnny erzählte von seinem Leben früher und heute und beantwortete unsere Fragen. Ich sah mich zwischendurch in der Hütte um: dort stand in einer Ecke ein einzelnes Bett, in dem einer seiner Hunde lag. Am Eingang war eine große Platte auf der Lebensmittel, Werkzeuge und Tierfutter in Säcken lagen. Hinter uns war eine große Bücherwand und dahinter ein etwas abgeteilter Raum, den ich nicht ganz erkennen konnte. Um den Eindruck besser wiederzugeben, hätte ich das alles fotografieren müssen. Das habe ich mich aber nicht getraut, weil ich es als unverschämtes Eindringen in seine Privatsphäre empfunden habe. Also habe ich es gelassen.

Draußen unter einer Überdachung teilte sich ein Tisch auf für Kochtöpfe, Werkzeuge und Geweihe. Insgesamt lagen rund um die Hütte und steckten auf verschiedenen Weidepfählen alte Geweihe, Hirschknochen und -schädel.

Dazu lagen im ganzen Tal verstreut alte LKWs, Traktoren oder Teile davon, verrostete Motorenteile, Fahrzeuge, die ich nicht mehr erkennen konnte und anderes verrostetes Zeug. Irgendwie scheint das immer nochmal in Stand gesetzt und gebraucht zu werden. Dazwischen Schafe, Rothirsche, Ziegen und Johnnys Hunde, die alle frei herumlaufen durften.

Johnny nahm uns nun mit durch die Natur seines Tals, er wollte uns alte Maori-Stätten zeigen, den Fluss, seine Tiere, vor allem seine riesigen Aale, seine eigenen Pancake Rocks, die sich durch sein Gebiet zogen und er erzählte über sein Leben dort. Wir nahmen in einer weiteren Hütte gemeinsam Lunch ein und bekamen einen Kaffee von der etwas moderneren Feuerstelle. Schließlich forderte Mitch uns auf, wieder in das Auto zu steigen, denn er wollte uns wieder über Berg und Tal zurückbringen.

Wir hielten nochmal in einem Flussbett an, um uns eine versteckte überhängende Steinwand aus Limestone mitten im Regenwald anzusehen.
Dann ging es zurück in die Zivilisation.

Ein ereignisreicher und denkwürdiger Tag und Ausflug war das, muss ich sagen. Unerwartet – und das ist meist das Beste.

Pancake Rocks

Unweit von Charleston erheben sich an der Küste die sogenannten Pancake Rocks, die wir uns in der Zeit genauer angesehen haben. Das sind spektakuläre Gesteinsformationen in Form von gestapelten Pancakes. Und so gibt es natürlich auch ein Pancake Rock Café, in dem man leckere Pancakes essen kann. Die Aussicht auf dem Rundweg ist fantastisch und die Fotos sprechen sicher für sich.

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